Lilly Lindner kommt ans Kolleg- na
toll.
Ich denke, das war die Reaktion der meisten Schüler vor der Lesung. Man sah das Plakat, auf dem
sie und ihre Werke abgebildet waren und dachte sich: Was will sie uns denn erzählen?
Passt so ein Thema denn wirklich ins Kolleg? Und vor allem, warum ist es eine
verdammte Pflichtveranstaltung?!
Aber Lilly Lindners Lesung war
anders. Sie ist niemand, der einfach auf der Bühne sitzt und siebzig Minuten
über Sex und Prostitution erzählt.
Sie führt uns in eine Welt- in ihre
Welt. Nicht nur die freie Vortragsart der Werke ist „anders“. Gerade durch die
dargestellten Szenen zwischen den Texten mit der Musik, die schon als Gefühl
für sich steht, wird der Zuschauer immer ein Stück mehr abgeholt. Es ist Lillys
Welt. Wir sind Teil der Angst, der Verzweiflung und der Hoffnung. Auch wenn sie
sehr zerbrechlich wirkt, wie sie da auf der Bühne steht mit der zarten Stimme,
gibt es da auch eine starke Seite, eine herzenswarme Person.
Ich denke, es ist sehr schwer, das,
was sie vielen von uns gegeben hat, in Worte zu fassen. Ich habe noch nie so
viele Emotionen nach einer Lesung gesehen.
Also bitte ich Euch hier
aufzuschreiben, was diese Lesung für jeden von Euch bedeutet hat. Es geht
bestimmt auch anderen sowie Euch. Ich hoffe, ihr traut euch- keiner muss hier
seinen Namen nennen….





Liebe Juliane,
AntwortenLöschenschön, dass du diesen Blog stets aktuell hältst und uns Kollegiaten an all die netten Events erinnern lässt. :-)
Wie du schon gesagt hast, die Lesung war eine Pflichtverantstaltung. Eine Pflichtverantstaltung, der ich aus freiem Interesse höchstwahrscheinlich nicht nachgegangen wäre, wenn sie nicht für uns alle fest auf dem Tagesplan gestanden hätte.
Das liegt nicht daran, dass ich die Thematik an sich uninteressant finde oder ich die Person als solche ablehne. Eine Autobiographie mit so hoher Leidensqualität so selbstbewusst auf die Bühne zu bringen, ist sicherlich nicht leicht und an der Ausführung war wenig bis nichts zu bemängeln.
Jedoch, für mich als Zuhörerin und Zuschauerin war der Stoff mitsamt Darstellungen ein bisschen zu krass. Jede und jeder, mit dem ich nach der Lesung gesprochen habe, war berührt und zum Teil bestürzt. Nach der Lesung ergab sich für viele von uns ein großes Loch, denn die Meisten wurden ins kalte Wasser gestoßen; die Intensität dieser Lesung war uns zuvor nicht bewusst.
Nicht wenige von uns haben vor ihrer Zeit als Kollegiaten grenzwertige Erfahrungen gemacht, was in einem Alter von 19 + sowieso nicht wirklich vermeidbar ist. Jede/r wurde bereits mit Dingen wie "Suizid" und "Essstörungen" konfrontiert (denke ich).
Das ist ein kleiner Kritikpunkt, den ich bei der Lesung zu bemängeln habe, denn die Aufführung als solche hat das Stigmen- und Schubladendenken nicht etwa aufgelöst, sondern uns weiter in ein solches hineingeführt. In der Lesung ging es hauptsächlich um hochdramatische Erlebnisse und immerwährend schwang ein Unterton von Kategorisierung in "Krankheiten" und "pathologischem" Verhalten mit, was beabsichtigt als solches zu erkennen war oder zumindest hoch suggestiv die Gedanken in diese Richtung schwingen ließ, wenn zum Beispiel von der Freundin "Ana" die Rede war.
Ansonsten hatte die junge Autorin eine sehr sympathische Ausstrahlung und von ihrem Mut zur Darstellung in großem Rahmen bin ich bis jetzt stark beeindruckt. Ich wünsche ihr weiterhin viele wertvolle Lesungen mit einem zur Reflexion fähigen Publikum.
Liebe Grüße
Ich habe mich nach dieser Lesung keineswegs in einem Loch befunden, weiß aber durchaus wovon mein Vorredner spricht. Ja, diese Veranstaltung war krass - ich hätte sie auch nicht miterlebt, wäre es keine Pflichveranstaltung gewesen.
AntwortenLöschenWas meine Ansicht der Ding angeht? Ich bin äußerst froh, dass ich hier teilnehmen musste! Ich habe mich nach der Lesung durch die verworrenen Gedanken nach vor gekämpft und mich bei Lilly dafür bedankt, dass sie sich den Raum genommen hat, den wir ihr gaben (geben mussten).
Ich denke auch, dass ein Großteil der Schüler in unserem Alter die verschiedensten Kriesen in seinem Leben durch hat. Ich bin froh, dass ich meine persönlichen Kriesen durch habe (momentan). Und auch die Autorin hat ihren Weg gefunden um mit ihrem Schicksal zu leben. Jeder "muss" früher oder später seinen Weg finden - obs durchs Arbeiten mit der Öffentlichkeit oder still auf dem Zimmer passiert, das muss jeder selber wissen. Für mich war es bisher auch immer am leichtesten mit vielen Leuten mein, und auch ihr Schicksal zu teilen. Geminschaft und Courage halfen mir auf meinem Weg auch immer, ich bin daher sehr dankbar dafür, dass ich dort sein musste.
Das Loch, oder meine Alternative dazu, war ein Lachen. Ein wirklich lautes, herzhaftes Lachen, viele Tränen in den Augen - in einer kleinen Gruppe. "Danke, dass wir glücklich sind, danke, dass wir einfach wieder glücklich sind"