Der erfolgreiche
Schriftsteller und Ex- Kollegiat in der Kolleg- Aula
Nach einer freundlichen
Begrüßung sowohl des Geschäftsführers von Graff, Thomas Wrensch, als auch
unseres Schuldirektors Ralf Hausmann sowie ein paar einleitenden Worten des
Deutschlehrers Ulli Lehne zum Echo von VOGELWEIDE in den Medien begann auch
schon die Lesung. Wir erfuhren etwas über den Anfang der Geschichte sowie über
ein Stück des Hauptteils. Schnell wurde klar, dass es sich um einen Liebesroman
handelt. Gibt es bei einer solchen Konstellation ein Happy-End? Das Ende bleibt
natürlich geheim! Im Anschluss an die Lesung gab es eine kleine Fragerunde zum
neuen Roman und zum Autor selbst. Am Ende signierte Uwe Timm Bücher und gab
Autogramme, bis jeder einzelne Gast zufrieden war.
Nachdem alle Häppchen
verspeist - das Café- Team des Kollegs hatte kleine Snacks und Getränke im
Angebot - und alle Gäste gegangen waren, blieb noch Zeit für ein Interview mit
Uwe Timm:
Juliane H.:
Hallo, Herr Timm. Vielen Dank, dass
Sie sich die Zeit für ein kurzes Interview nehmen. Ihre Lesung war
äußert interessant.
Empfanden
Sie die Zeit am Kolleg als sehr prägend für sich und den Verlauf Ihres weiteren
Lebens?
Uwe Timm: Ja,
absolut. Ich kam aus einer Situation, da hatte ich das Geschäft meines Vaters übernommen.
Ich war 18 Jahre alt. Das Geschäft war damals hoch verschuldet und ich habe es
entschuldet, es war ein Pelzgeschäft. Mit 21 Jahren kam ich dann hierher, das
war ein unglaublicher Vorgang, plötzlich das machen zu können, wozu man Lust
hatte. Was zu lernen, in Bereiche vorzustoßen, die ich damals nicht kannte.
Biologie, Chemie, Mathematik, Deutsch. Es war eine wunderbare Zeit, ja .Ich
hatte das Gefühl, das Reich der Freiheit sei ausgebrochen.
Juliane H.: Damals war Ihr guter Freund
Benno Ohnesorg. Hat Sie diese Freundschaft dazu gebracht, mit dem Schreiben zu
beginnen? Dadurch, dass Sie sich nun so viel mit der Literatur auseinander
gesetzt haben?
Uwe Timm: Ich habe
schon vorher geschrieben. Mit 12 Jahren fing das an, also sehr hilflos, aber
ich habe geschrieben. Aber der Benno Ohnesorg war insofern ganz wichtig für
mich, weil ich mit Ihm zum ersten Mal jemanden hatte, dem ich Texte zeigen
konnte und mit dem ich darüber reden konnte. Das ist ganz wichtig, dass man von
außen ein Blick auf sein Schreiben bekommt. Und insofern war das extrem wichtig
diesen Jungen damals, der sehr begabt und ein guter Lyriker war, kennenzulernen.
Juliane H.: In
Ihrem Buch Vogelweide geht es um
einen Kreuzehebruch. Wie sind Sie auf die Idee gekommen dieses Buch zu
schreiben? Für mich klingt es sehr gesellschaftskritisch. Glauben Sie denn,
dass die lebenslange Treue nur noch ein Wunschgedanke unserer Gesellschaft ist
und wir uns immer mehr verlieren als egoistische Individuen?
Uwe Timm: Das ist
eine gute Frage. Ich denke wirklich, dass das ein Problem ist. Ich meine, den
Ehebruch oder dass Ehen auseinander gehen, hat es immer gegeben. Jedoch ist es
heute viel häufiger und viel beliebiger, auch die Beziehungen, die eingegangen
werden. Ich denke aber, Ehe ist schon auch etwas, das angelegt ist auf Dauer.
Gerade wenn man Kinder hat. Und es ist auch das Schöne daran, das auch das
Glück des Gelingens dahinter steckt, dass man das vielleicht schafft. Das man
auch grade kritische Momente gemeinsam durchsteht und das gemeinsam auch als
Erfahrung mit sich trägt.
Juliane H.: Also ist
das auch etwas, dass Sie über Ihr Buch transportieren möchten? Ihre eigene
Bewertung haben Sie in dem Buch nicht eingebracht…
Uwe Timm: Ja,
sie haben Recht. Ich habe nicht irgendwie eine Meinung, die man richtig
aussprechen kann, sondern ich stelle das einfach dar und zeige, wie das ist.
Und jeder einzelne muss sich selbst damit beschäftigen. Das Thema ist sehr
widersprüchlich und es nicht einfach. Es gibt kein Schnittmuster dafür, was man
auflegen könnte. Sondern jeder selbst steht immer wieder vor dieser Frage und
muss das entscheiden. Das ist eine tolle, existenziale Frage, wie man damit
umgeht, jeder für sich selbst.
Juliane H.: Ich
habe im Vorfeld ein paar Kritiken gelesen, in denen Ihnen vorgeworfen wird,
Teile aus alten literarischen Büchern wie von Tolstoi oder Goethe übernommen zu
haben. Wie stehen Sie zu dieser Kritik? Kann man sagen, als Künstler bekommt
man Einflüsse oder sagen Sie, Sie schreiben grundsätzlich ohne sich von außen
beeinflussen zu lassen? Kann man das Ihrer Ansicht nach trennen?
Uwe Timm: Nein, man
muss sagen, es ist ja ein bewusstes Schreiben, natürlich habe ich Tolstois Anna Karenina gelesen. Das ist ein
toller Roman. Auch speziell für Vogelweide
habe ich ihn wieder gelesen. Ich habe natürlich die Madame Bovary wieder gelesen
und ich habe natürlich auch die Wahlverwandtschaften
wieder gelesen. Das ist natürlich ein Teil, das man sich selbst, ich
jedenfalls, damit auseinandersetzt. Aber übernommen habe ich nichts.
Juliane H.: Sie selbst sind schon lange
verheiratet. Was ist Ihre persönliche Formel für eine lang anhaltende Ehe?
Uwe Timm: Am Anfang
muss so etwas wie das Begehren da sein, das muss etwas Plötzliches,
Überraschendes sein. Ich denke, das trägt dann auch sehr lange, dass man
sozusagen seinen Anfang als Geschichte hat, und nicht, dass sich ein Mann so
langsam an eine Frau `rangräbt und gräbt. Ich glaube, dass das nicht so gut
ist. Es muss diese Epiphanie am Anfang sein. Aber wer weiß, vielleicht gibt es
auch glückliche Beziehungen, in denen ein Partner lange um die Liebe gekämpft
hat.
Juliane H.:
Vielen Dank , dass Sie sich die Zeit
für das Interview genommen haben.
Uwe Timm:
Sehr gern!